Hessische Landesstelle für Suchtfragen e.V. (HLS)

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Hessische Landesstelle
für Suchtfragen e.V. (HLS)

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Der Impuls

Ziel des Wettbewerbs war es, neue suchtpräventive Aktivitäten vorzustellen und in Hessen bekannt zu machen. Darüber hinaus sollten Institutionen Anerkennung finden, die suchtpräventive Maßnahmen und Projekte innovativ und wirksam umsetzen.

Peer-Gruppen-Arbeit an der Schule - ein Beitrag zu einer suchtpräventiven Schulkultur

Projektbeschreibung

Das Konzept

Peer-Gruppen-Ansätze setzen die Erkenntnis um, dass gerade Jugendliche - und hier besonders in der Ablösungsphase der Adoleszenz - sich bei auftauchenden Fragen und Problemen eher an Gleichaltrige als an Erwachsene wenden. Dieser Umstand ist vor dem Hintergrund ihrer Verselbständigungstendenzen verstehbar. Nichtsdestoweniger sind manche der in diesem Lebensabschnitt auftauchenden Probleme nicht nur Durchgangsphänomene, die sich mit weiterer Reifung und Entwicklung quasi von selbst erledigen, sondern möglicherweise prägend für den weiteren Lebensweg, sodass eine fachkundige Hilfe im Sinne sekundärer Prävention sinnvoll erscheint, um weitergehende oder bleibende Schädigungen abzuwenden. Der Themenkomplex Drogen' und Sucht eignet sich gut für einen Peer-Gruppen-Ansatz: Zum einen fällt das sogenannte Einstiegsalter bei Drogenkonsum in der Regel mit der Adoleszenz zusammen; oft betont oder markiert das Experimentieren mit Drogen geradezu die Abwendung von der Welt der Erwachsenen und ist als - möglicherweise aber nicht notwendigerweise fehlgeleitete - Form der Verselbständigung aufzufassen. Das Projekt wird durchgeführt in Kooperation zwischen einer weiterführenden Schule mit gymnasialer Oberstufe und der Beratungsstelle „drop in, Fachstelle Nord für Jugendberatung und Suchtfragen" (im Folgenden: „drop in").

In der ersten Phase des Projekts vermitteln Fachkräfte des „drop in" in Abstimmung mit der verantwortlichen Lehrkraft Kenntnisse und Fertigkeiten an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Kurses zum Zweck der Beratung und Information ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler bei Fragen und Problemen im Bereich psychotroper Substanzen und Sucht. Dieses Basistraining wird für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den 10. Klassen als Wahlpflichtunterricht (WPU-Kurs) angeboten, mit Teilnahmebescheinigung, festgelegtem Gesamtstundenkontingent, einem Abschlusstest und Benotung. Die Ausschreibung erfolgt jeweils bereits im vorangehenden Schuljahr, ebenso das Vorbereitungstreffen; so wird den Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine fundierte und verbindliche Entscheidung erleichtert. Die Schülerinnen und Schüler, die nicht im Rahmen des WPU teilnehmen, erhalten auf jeden Fall einen Vermerk über die Teilnahme im Zeugnis. Im Rahmen einer Vereinbarung zwischen den Kooperationspartnerinnen verpflichtet sich die Schule zur Gewährleistung der Vertraulichkeit von Informationen, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei der Beratung von Mitschülerinnen und Mitschülern erhalten. Dies bedeutet insbesondere, dass solche Informationen nicht zu disziplinarischen Zwecken gegenüber einzelnen Schülerinnen und Schülern herangezogen werden dürfen. Im Folgenden ist an Stelle des Begriffs Drogen` von psychotropen Substanzen` die Rede; der Grund dafür liegt darin, dass dieser Begriff auch von der Weltgesundheitsorganisation verwendet wird, um Stoffe zu bezeichnen, die unmittelbar zentralnervös wirken und dadurch psychische Funktionen beeinflussen, also ein international gebräuchlicher Standard ist. Die Uneindeutigkeiten im deutschen Sprachgebrauch und Sprachverständnis, die den Begriff Drogen` z.B. auf illegale Substanzen beschränken, werden so umgangen. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Basistrainings beginnen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit der Beratung ihrer Mitschüler. Die Schule stellt einen Beratungsraum zur Verfügung, der keine Einsicht von Außen ermöglicht und es werden Sprechzeiten festgelegt. Schon im Basistraining werden die Counsellerinnen und Counseller darauf vorbereitet, nicht nur im Sinne einer Komm-Struktur zu arbeiten, sondern aktiv den Zugang zu ihren Mitschülerinnen und Mitschülern zu suchen. Um ihren vielfältigen Aufgaben gewachsen zu sein, erhalten sie im Rahmen einer freiwilligen Arbeitsgemeinschaft von den Fachkräften des „drop in" Supervision. In der zweiten Phase wird das Projekt weitgehend in die Eigenregie der kooperierenden Schule übernommen, um dessen Nachhaltigkeit im Sinne eines festen Bestandteils des Schulprogramms und der Schulkultur zu gewährleisten. Zu diesem Zweck wird eine Gruppe von interessierten Lehrkräften in der Anleitung der Schülerinnen und Schüler fortgebildet (Train-the-Trainer-Maßnahme). Der Umfang des Trainings beträgt zwei Vormittage, die Gruppengröße beträgt mindestens vier Teilnehmerinnen bzw. Teilnehmer. Das Basistraining für die Schülerinnen und Schüler wird von da ab allein von Lehrkräften durchgeführt. Die Supervision wird aus Gründen der Fachlichkeit und der Vertraulichkeit des dort zu behandelnden Materials weiterhin von Fachkräften des „drop in" angeboten.

Bisherige Erfahrungen

Nach einer Anlaufzeit, in der parallel zu den im Konzept beschriebenen Phasen vor allem an der Bekanntmachung des Projektes und seiner Verankerung in der Schule gearbeitet wurde, nehmen Schülerinnen und Schüler das Beratungsangebot in Anspruch. Ebenso wichtig im Sinne der präventiven Projektziele wie die Arbeit an Einzelfällen erwies sich die Wirkung auf die Schulgemeinde insgesamt. Das Projekt wurde auf einer Gesamtkonferenz von den Counsellerinnen und Counsellern weitgehend selbständig vorgestellt, mit ausgesprochen positiver Resonanz im Kollegium. Dieses Echo hat wiederum dazu beigetragen, dass mittlerweile verstärkt auch von den Lehrkräften Schülerinnen und Schüler an die Counsellerinnen und Counseller verwiesen werden, wodurch sich ansatzweise bereits ein Entlastungseffekt für den Unterricht ergibt.

Ausblick

Da dass Projekt ins Schulprogramm aufgenommen wurde, ist seine Nachhaltigkeit vonseiten der Schule gewährleistet. Das Engagement des „drop in" beschränkt sich auf Supervision der Counsellerinnen und Counseller, was die personellen Ressourcen der Beratungsstelle in relativ geringem Maße in Anspruch nimmt, sodass auch von dieser Seite Kontinuität gewährleistet ist. Zu rechnen ist mit einem selbstverstärkenden Effekt (der sich bereits abzeichnet) in dem Sinne, dass mit der Entlastung der Schulgemeinde durch das Projekt dessen Akzeptanz weiter steigt, was wiederum die Effektivität erhöht. So kann es einen dauerhaften Beitrag zu einer suchtpräventiven Schulkultur darstellen.