Hessische Landesstelle für Suchtfragen e.V. (HLS)

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Der Impuls

Ziel des Wettbewerbs war es, neue suchtpräventive Aktivitäten vorzustellen und in Hessen bekannt zu machen. Darüber hinaus sollten Institutionen Anerkennung finden, die suchtpräventive Maßnahmen und Projekte innovativ und wirksam umsetzen.

aktiv organisieren

Ein Sucht- und gewaltpräventives Reiseprojekt für Jugendliche setzt neue Maßstäbe in der Jugendarbeit

Viele Kinder und Jugendliche sind zunehmend geprägt von Naturentfremdung und Erlebnisarmut. Ein Grund dafür ist, dass Abenteuer häufig nicht mehr selbst „erfahren" werden. Stattdessen konsumieren Heranwachsende mit Hilfe von TV, Videos und Computerspielen zunehmend Erlebnisse aus zweiter Hand und nicht mehr selbst und unmittelbar. Anstelle eigener Abenteuer treten Fernseh- und Filmheld oder virtuelle Figuren aus Onlinespielen. Dadurch sind weniger Primärerfahrungen möglich, und wichtige Bereiche des sozialen Lernens und der Persönlichkeitsentwicklung gehen verloren. Der Grad an Fremdbestimmung und Animation steigt im Bereich der Freizeitgestaltung in der Lebenswelt Kinder und Jugendliche stetig. Guido Glück von der Fachstelle Suchtprävention für den Wetteraukreis und Lukas Hölzinger von dem Amt für soziale und kulturelle Dienste und Einrichtungen der Stadt Friedberg haben den Versuch gewagt, der geschilderten Tendenz mit einem engagierten und ganzheitlichen Konzept einer Ferienmaßnahme entgegenzutreten. Dabei wurden wichtige Aspekte suchtpräventiver Kompetenz-konzepte in den Jugendfreizeitbereich übertragen und angewendet. Der Titel des Reiseprojektes: „aktiv organisiert".

Am Anfang stand die Frage: "Was interessiert Jungen zwischen 13-18 Jahren?" Ganz vorne in der Liste standen Begriffe wie: Abenteuer, Sport, Cool und trendy sein, Technik, Spaß, Spiel und Wettkampf. Aus dieser Erkenntnis wurde sehr schnell klar dass ein Mountainbike Camp für Jungen das richtige Angebot sein kann. Die Besonderheit an diesem Bike-Urlaub war, dass die Teilnehmer alles im Vorfeld selbst organisierten. Das Projekt bestand aus zwei Teilen: 1. Einer intensiven Planungs- und Organisationsphase in Friedberg und 2. dem einwöchigen Aufenthalt in der Schweiz. Unterstützt durch die beiden Pädagogen erhielten die Teilnehmer die Aufgabe in kleinen Gruppen einzelne Teile der Fahrt eigenständig zu organisieren. Dies beinhaltete zunächst das Auswählen einer bestimmten Region in den Alpen und das ausfindig Machen und Buchen eines geeigneten Zeltplatzes. Das Internet war dabei natürlich eine große Hilfe, der Umstand als 16-jähriger über keine Kreditkartennummer zu verfügen eher nicht. Die Ausrüstung musste zusammengestellt und eine Kostenkalkulation aufgestellt werden. Darüber hinaus galt es die nötigen Informationen für die Programmplanung zu besorgen und Tagestouren vorzubereiten. Die Jungen im Alter zwischen 13 und 18 Jahren waren mit unermüdlichem Eifer am Werk und schafften es, die ganze Bikewoche in nur fünf Nachmittagsterminen zu planen. Das war besonders beeindruckend, da zur Halbzeit der Planungsphase das gesamte Wochenprogramm neu geplant werden musste. Die erste Planung war einigen Jugendliche zu teuer und so wurde neu überlegt. Die erfolgreiche Planungsarbeit der Gruppe war die Vorraussetzung dafür, dass die Gruppe sich dann auch am 13. Juli 2009 auf den Weg in die Schweizer Alpen nach Meiringen machte. Dort war ihnen schon vor der ersten Ausfahrt anzumerken, wie stolz sie auf das waren, was sie geleistet hatten. Reisebüro, Reiseveranstalter, Buchhalter, Routenplaner, Küchenchef — all dies waren sie schon, jetzt wurden Sie Bikeguide, echte Abenteurer, Sportler, Genießer und Teilnehmer ihres eigenen Aktiv-Urlaubs. Auf dem Zeltplatz waren dann nicht nur die Mountainbiketouren ein großes sportliches und erlebnisreiches Abenteuer. Besonders Dinge wie für eine ganze Gruppe zu kochen, abspülen oder verantwortlich für die Führung der Gruppe bei einer Tagestour zu sein, brachte ungeahnte Abenteuer, die manchmal sogar zu Grenzerfahrungen der besonderen Art wurden. Der selbständige Umgang mit fremden Menschen, Kulturen und Landschaften und der Natur des Hochgebirges ließ die Jugendlichen wachsen. Das Schwimmen in einem eiskalten See auf 2600 Meter Höhe, der direkt von einem Gletscher gespeist wurde, die Stille in einer solchen Höhe, Aufstiege und Abfahrten von über 1000 Höhenmetern stellten für die Teilnehmer Erfahrungen da, die sie nicht vergessen werden, oder wie es ein Teilnehmer formulierte: „Die nimmt mir keiner mehr". Alle Menschen die von dem Reisekonzept während des Urlaubs erfuhren, waren begeistert von den Jugendlichen. Viele wollten nicht glauben dass alles von der Gruppe Jugendliche selbst organisiert und gemacht worden ist. Anita und Bruno Kehrli, die Besitzer vom Campingplatz Grimselblick, waren ebenso erstaunt und angenehm überrascht und beteuerten das es außergewöhnlich ist was die von Jugendlichen leistet und das es nicht oft so angenehme Gruppen auf ihrem Zeltplatz gebe. Alle Skeptiker zu Beginn des Projekts sind erstaunt über den Erfolg. Die Jungen, die bei dieser Ferienfreizeit mitgemacht haben, sind deutlich über sich hinausgewachsen und sehr stolz auf das, was sie geleistet haben. Glück und Hölzinger sind davon überzeugt, dass durch das geschilderte Vorgehen nachhaltige Veränderungen und Entwicklungen bei den Jugendlichen gefördert werden. Bei Interesse kann die Konzeption bei der Fachstelle Suchtprävention für den Wetteraukreis bezogen werden.