Hessische Landesstelle für Suchtfragen e.V. (HLS)

Zimmerweg 10
60325 Frankfurt am Main

Telefon: (0 69) 713 767-77
Telefax: (0 69) 713 767-78

URI: www.hls-online.org

Hessische Landesstelle
für Suchtfragen e.V. (HLS)

Logo Hessische Landesstelle für Suchtfragen e.V. (HLS)

Der Impuls

Ziel des Wettbewerbs war es, neue suchtpräventive Aktivitäten vorzustellen und in Hessen bekannt zu machen. Darüber hinaus sollten Institutionen Anerkennung finden, die suchtpräventive Maßnahmen und Projekte innovativ und wirksam umsetzen.

Hilfe für Fritz

Projektbeschreibung

Kooperationsprojekt der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendgesundheitsförderung des Wetterau-Kreises:

  • Gesundheitsamt des Wetteraukreises,
  • Arzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin,
  • Fachstelle Suchtprävention für den Wetteraukreis,
  • Sozialer Dienst,
  • Jugendgerichtshilfe,
  • LKA Wiesbaden,
  • Jugendhilfe e.V. Nidda

Seit acht Jahren besteht die "Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendgesundheitsförderung" des Wetteraukreises. Sie wurde1997 als Runder Tisch auf Initiative des Gesundheitsamtes des Wetteraukreises gegründet.

Im Rahmen dieser Arbeitsgemeinschaft wurde das Fritz-Projekt entwickelt, welches mittlerweile seit vier Jahren in der Praxis im Rahmen des Wahlpflichtunterrichts an einerFachschule für Sozialpädagogik (Wingertschule in Friedberg) durchgeführt wird.

Während der Ausbildung wird den angehenden Erzieher/Innen das nötige pädagogische, diagnostische und sozialpsychologische Basiswissen einer präventiv ausgerichteten, sozialpädagogischen Arbeit vermittelt. Das generelle Anliegen ist die Stärkung von Prävention und Gesundheitsförderung.

Im Speziellen bezieht es sich auf die Übertragung des Gedankens der Prävention auf den Sozialpädagogischen Bereich, vor allem auf die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Hintergrund für das Fritz-Projekt bilden Ergebnisse jüngerer Untersuchungen, die zeigen, dass ca. 30% der Kindergartenkinder durch Risiken (z.B. Verhaltensauffälligkeiten, Entwicklungsverzögerungen etc.) belastet sind, die ihre Lern- und Entwicklungsfähigkeit beeinträchtigen (vgl. Fried et.al. 2003). Eine Untersuchung von Tietze et. al.

Aus dem Jahre 1998 zeigt, dass Kindergärten präventive Wirkungen bei solchen Kindern hervorrufen, wenn die Einrichtung über entsprechendeGrundorientierungen und Hintergrundwissen verfügt, oder wie man es auch ausdrücken könnte: ein präventives Bewusstsein entwickelt hat.

Eine aktuellere Untersuchung (Fried 2002) zeigt jedoch, dass sich die Mehrheit der Erzieher/Innen im Umgang mit Kindern, die Entwicklungsrisiken aufweisen, hilflos fühlen. Gründe hierfür sind mangelnde diagnostische Kenntnisse sowie mangelndes Wissen über Hilfsangebote. Insgesamt wird deutlich, dass für das Präventionshandeln von Erzieher/innen die Förderung eines präventiven Bewusstseins im Sinne der Sensibilisierung für Verhaltensauffälligkeiten und Entwicklungsstörungen sowie für deren Hintergründe und diesbezügliche Therapie- und Hilfsangebote von zentraler Bedeutung ist.

Gesundheitsverständnis des Fritz-Projekts

Dem Fritz-Projekt - und generell dem Präventionshandeln - liegt ein ganzheitliches und dynamisches Gesundheitsverständnis zugrunde. Neben den Bedingungen der Person selbst (Veranlagung, Erfahrung, Lebenstechniken etc.), stellt die persönliche Gesundheit auch einen Ausdruck der Bedingungen der realen Umwelt (Verkehr, Wohnen, etc.) und der sozialen Umwelt (Familie, Arbeit, etc.) dar. Gesundheit ist dann nicht mehr etwas Statisches, Schicksal Gegebenes, das man hat oder nicht hat. Sondern Gesundheit ist dann beeinflussbar durch das eigene Verhalten sowie durch die Verbesserung der Bedingungen in der natürlichen und sozialen Umwelt. Da Gesundheit nicht nur ein medizinisches Phänomen ist, sondern auch mit, den psychischen, den sozialen und den Umweltbedingungen zu tun hat, wurde im Rahmen des Fritz-Projekts ein ganzheitlich orientierter Präventionsansatz gewählt.

Aus diesem Grund ist die "Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendgesundheitsförderung" interdisziplinär zusammengesetzt. Sie besteht sowohl aus Vertretern von Beratungsstellen als auch aus Vertretern betreffender Fachbereiche des Kreishauses, der Fachstelle Suchtprävention, des Gesundheitsamtes, der Berufsfachschulen sowie der niedergelassenen Kinderärzte und Kinder- und Jugendpsychotherapeuten.

Der Fall "Fritz"

Um das pädagogische Basiswissen den angehenden Erzieher/Innen am "konkreten Fall" vermitteln zu können, wurde die fiktive Fallgeschichte des Problemkindes "Fritz" entwickelt. Fritz ist also kein realer Mensch, sondern ein fiktiver Junge, dessen Entwicklung problematisch verläuft. Die Probleme schaukeln sich auf, bis es letztlich zur Katastrophe kommt. Als 19jähriger Jugendlicher verletzt Fritz seinen Chef und Ausbilder lebensgefährlich, was eine Verurteilung und eine anschließende Jugendstrafe zur Folge hat.

Die Fallgeschichte besteht zum einen aus den Befunden der kinderärztlichen Untersuchungen im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen (U1 - U10).

Zum anderen besteht das Fallbeispiel aus polizeilichen Protokollen und Zeugenaussagen anlässlich der Straffälligkeit im 19. Lebensjahr. Es wird also skizzenhaft sowohl die gesundheitliche als auch die psychosoziale Entwicklung von Fritz im Kindes- und Jugendalter dargestellt.

Das Fallbeispiel "Fritz" dient als "didaktisches Vehikel", um in der Ausbildung der Erzieher/innen Ansatzpunkte für präventive Strategien im Umgang mit Kindern und Jugendlichen zu entwickeln. Außerdem dient es dazu, die Aufgaben und Arbeitsweisen der einzelnen Institutionen, die sozial- oder heilpädagogische Angebote zur Verfügung stellen, im Unterricht kennen zu lernen.

Der Fall "Fritz" bildet gewissermaßen den "roten Faden" des Fritz-Projektes. Er soll dazu dienen, im Rahmen der Ausbildung der angehenden Erzieher/Innen deutlich zu machen, welche Hilfsangebote seitens der Institutionen für die Prävention von Verhaltensauffälligkeiten und Entwicklungsstörungen bestehen und wie sie im Rahmen der Tätigkeit der Erzieher/Innen eingebunden werden können.

Fritz-Projekt im Rahmen des Wahlpflichtunterrichts der Wingertschule

Der Wahlpflichtunterricht zum Fritz-Projekt wird in der ersten Hälfte des zweiten. Ausbildungsschuljahres durchgeführt. Zu Beginn des Projektunterrichts findet eine intensive Auseinandersetzung mit er Biografie von Fritz und seiner Fallgeschichte statt. Im Rahmen dieser Auseinandersetzung erfolgt eine Vermittlung des theoretischen Hintergrundes und der diagnostischen Aspekte, aber auch das Aufzeigen von Hilfsangeboten.

Der zweite Teil des Wahlpflichtunterrichts wird in Form vonKleingruppenarbeit organisiert. Ziel ist dabei sich mit den betroffenen Institutionen auseinanderzusetzen und sowohl deren Leistungsangebot als auch die dortigen Kontaktpartner kennen zu lernen.

In einer zweiten Stufe werden gemeinsam mit den Vertretern der Institutionen Überlegungen angestellt, in welcher Weise eine Kooperation im Hinblick auf den Fall "Fritz" stattfinden könnte und welche Hilfsangebote hierbei genutzt werden können.

Zweitägige Präsentationsveranstaltung

In der zweitägigen Präsentationsveranstaltung im Friedberger Kreishaus, die zum Abschluss der Erzieher/innen-Ausbildung stattfindet, wird die Kleingruppenarbeit präsentiert.

In Form einer Podiumsveranstaltung werden Gruppenreferate und Gruppenrollenspiele durchgeführt. Dabei ist genügend Raum gegeben für ausführliche Diskussionen und Feedback an die Akteure.

Ziel ist es, die Ergebnisse des Fritz-Projektes, die in den Kleingruppen erarbeitetet wurden, dem kompletten Auditorium, bestehend aus Mitgliedern der "Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendgesundheitsförderung" und weiteren sozialpädagogischen Experten sowie Vertretern der Presse, zugänglich zu machen.

Ein weiteres wesentliches Element der Seminarveranstaltung bildendie (fiktiven) Fallkonferenzen, die am zweiten Seminartag in Form von Rollenspielen durchgeführt Dabei werden alle Rollen (Fritz, seine Eltern und Erzieher etc.) von Teilnehmern der Kleingruppen, also den angehenden Erzieher/Innen, übernommen. Fallkonferenzen dienen im Rahmen der pädagogischen und psychosozialen Arbeit dazu, alle Sozialpartner, die bzgl. eines auffälligen Kindes oder Jugendlichen aktiv werden, "an einen Tisch" zu bringen. Es wird ein "Bild" von der Problematik des Kindes bzw. des Jugendlichen erarbeitet.

Ziel ist dabei, adäquate "Lösungen" gemeinsam und einvernehmlich zu erarbeiten und gezielt Maßnahmen einzuleiten und anhand eines "Hilfeplans" zu dokumentieren und zu kontrollieren.

Im Rahmen des Fritz-Projekts werden Fallkonferenzen als zentrale Intervention seitens der Erzieher/innen angesehen, da sie in hohem Maße geeignet sind, Präventionshandeln und Vernetzung zu befördern. Im Rahmen des Wahlpflichtunterrichts im Bereich der Fachschulausbildung macht das Fritz-Projekt die angehenden Erzieher/Innen vertraut mit heilpädagogischem Denken und mit heilpädagogischem Hintergrund, insbesondere mit den Störungsbildern bzw. dem diagnostischen Hintergrund.

Es leistet einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau eines präventiven Bewusstseins schon in der Ausbildung und schafft Strukturierung im Hinblick auf einen systematischen lösungsorientierten Umgang bzgl. betreuter Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten und Entwicklungsstörungen.

Zudem macht es das Angebot der in diesem Bereich tätigen Institutionen transparent. Auch wirkt es vorbereitend und förderlich im Hinblick auf den Aufbau zukünftiger Kooperationen.