Hessische Landesstelle für Suchtfragen e.V. (HLS)

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Hessische Landesstelle
für Suchtfragen e.V. (HLS)

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Der Impuls

Ziel des Wettbewerbs war es, neue suchtpräventive Aktivitäten vorzustellen und in Hessen bekannt zu machen. Darüber hinaus sollten Institutionen Anerkennung finden, die suchtpräventive Maßnahmen und Projekte innovativ und wirksam umsetzen.

Voll – normal? Ein nordhessenweiter Wettbewerb zur Gestaltung eines Postkartenmotivs zum Thema: Alkohol – „Voll – normal“ für alle Jugendlichen und SchülerInnen der Jahrgangsstufen 7 bis 13

Projektbeschreibung

Das „Nordhessische Netzwerk Jugendarbeit und Jugendbildung“ ist der Zusammenschluss der Jugendförderabteilungen (Kreisjugendpflege u. Kreisjugendbildungswerke) der nordhessischen Landkreise und der Städte Kassel, Baunatal, Fulda und Korbach. Das „Nordhessische Netzwerk“ hat eine enge Verzahnung zu der Multiplikatorenebene der Jugendpflegen in den Städten und Gemeinden, und durch ihre Angebote die Bindung an die Zielgruppenebene Jugendliche in ihren lokalen Lebenswelten. Auf beiden Ebenen häuften sich Hinweise auf ein zunehmend riskanten Umgang von Jugendlichen mit Alkohol. Trauriger Höhepunkt dieser besorgniserregenden Entwicklung war ein alkoholbedingter Todesfall im Schwalm-Eder-Kreis. Die lokal und regional wahrgenommenen Problemlagen wurden zeitgleich von den jüngsten Befragungen der BZGA und der Medienberichterstattung über alkoholbedingte Notfallaufnahmen bestätigt.

Welche Wege gibt es, um auf diese Entwicklung einwirken zu können?

Zur fachlich fundierten Beantwortung dieser Frage wurde eine temporäre Kooperation von „Nordhessischem Netzwerk“ und den „Fachstellen für Suchtprävention – Regionalverbund Nordhessen“ geschlossen. Gemeinsam von „Nordhessischem Netzwerk“ und den „Fachstellen für Suchtprävention“ wurde ein „Pool von Handlungsmöglichkeiten“ entworfen, in dem bisherige „good practise“, spontane Einfälle und recherchierte Arbeitsansätze zusammengetragen wurden. Die Vielfalt wurde

  • den Kategorien Verhaltensprävention und Verhältnisprävention zugeordnet und sodann
  • in einem Entscheidungsprozess (Aufwand / Zielgruppenakzeptanz / erwartete Wirkungen) auf die durchzuführenden Maßnahmen eingegrenzt:

Verhaltensprävention

ultiplikatorenebene:Entwicklung eines Fortbildungsmoduls zum Thema Alkoholprävention in der haupt- und ehrenamtlichen Jugendarbeit Zielgruppenebene:Gestaltungswettbewerb zum Thema Alkoholprävention Entwicklung eines Flyers „Informationen für Festveranstalter, Vereine, Verbände und Initiativen“ mit Checklisten für die Praxis unter dem Titel „Verantwortung wahrnehmen“

(Die Flyer sind inzwischen in Nordhessen verteilt, als Resonanz wurde in einzelnen Landkreisen Steuerungsgruppen eingerichtet, um einen Standard im Verfahren der Ordnungsämter für die Genehmigung/Gestattung von Alkoholausschank zu erarbeiten. Diese Arbeit befindet sich im Prozess und ist hier nicht abschließend darstellbar). Das Maßnahmebündel ist unser Wettbewerbsbeitrag zu „Impuls“. Nachfolgend soll hier der Gestaltungswettbewerb „Postkartenmotiv“ als zielgruppenbezogene Maßnahme zur Verhaltensprävention ausführlicher vorgestellt werden.

Warum ein Gestaltungswettbewerb?

  • Als Zielgruppe wurde der Personenkreis ausgewählt, indem sich Konsummuster in Bezug auf Alkohol bilden, bzw. verfestigen und in dem gleichzeitig ein zunehmendes Risikoverhalten feststellbar ist.
  • Die von uns ausgewählte Maßnahme sollte tief in die Fläche ausstrahlen und die Zielgruppe (13 – 20 jährige Jugendliche) auf breiter Ebene erfassen.
  • Der Zugang zur Zielgruppe sollte sowohl am Lernort Schule, als auch am Freizeitort Jugendarbeit geschaffen werden. An beiden Orten ist eine Arbeitsstruktur zur Unterstützung mobilisierbar, mit beiden Orten wird die umfassende Erreichbarkeit der Zielgruppe sichergestellt.
  • Um die Bindung der Zielgruppe an die Maßnahme zu erhöhen wurde ein Preisgeld ausgelobt.
  • Die Maßnahme räumt der Zielgruppe eine hohe Gestaltungsfreiheit ein. Sie erhält keine Gebots/Verbotsbotschaft, sondern ist aufgerufen, in der Auseinandersetzung mit der Thematik ihre eigenen Antworten zu formulieren und zu visualisieren.
  • Die von der Zielgruppe eingereichten Arbeiten sind Ausdruck ihrer „Risikokompetenz“. Der Gestaltungswettbewerb zielt darauf ab, ein Risikobewusstsein zu entwickeln und die daraus abgeleitete Handlungskompetenz sichtbar und öffentlich zu machen.
  • Mit den „jugendeigenen“ Antworten auf die Problematik („risikoreiches Trinkverhalten“) sollte gleichzeitig die Akzeptanz unter der Altersgruppe sicher gestellt werden: von der Jugend für die Jugend.
  • Ein solcher Gestaltungswettbewerb hat Grenzen in seiner Wirksamkeit. Er kann keine langfristig angelegten Lebenskompetenzprogramme ersetzen, diese sind in der nordhessischen Schullandschaft ohnehin ausreichend verankert. Ein gewichtiges Argument für den Gestaltungswettbewerb war, dass auf diesem Weg temporär die Öffentlichkeit in hohem Maße für die Thematik gewonnen werden kann.

Wie soll der Gestaltungswettbewerb konzipiert sein?

Der Gestaltungswettbewerb sollte zu einem sichtbaren und bleibenden Ergebnis führen, etwas, das länger Bestand hat als der Wettbewerb dauert. Wir haben uns für die Gestaltung eines Motivs entschieden, das als Postkarte druckbar ist. Als Titel wurde eine knappe, jugend-alltagssprachliche Formulierung gewählt: „Voll – normal?“ Der Titel ist keine Aussage. Hinter dem „Voll – normal?“ steht ein Fragezeichen. Pointiert formuliert fragt der Titel an, ob das Voll(sein) denn normal sein kann. Das Fragezeichen steht für eine Fähigkeit, die Fähigkeit über das was man tut, auch das Alkoholtrinken, nachzudenken, es zu hinterfragen. Trinksituationen sind immer Entscheidungssituationen, und wer entscheidet, der besitzt die Möglichkeit der Wahl. Das Moment der Entscheidungssituation wurde in dem Gestaltungswettbewerb mit einem Slogan eingefügt. Jeder Teilnehmer(in) aus der Zielgruppe soll zu dem Titel einen Slogan auswählen und diesen in einem (Postkarten)Motiv bildhaft umsetzen.

Die Slogans:

  • Unter Druck?
  • Herzschmerz?
  • Zoff in der Clique?
  • Scheiße gebaut?
  • Traum geplatzt?
  • Ehrenrunde?
  • Prüfung in Aussicht!
  • Das erste Date?
  • Endlich Wochenende!
  • Stress zuhause?
  • Zukunft grau?
  • Absprung verpasst?

Jeder Slogan steht für eine Situation, die innerlich eine (An)Spannung erzeugt. Jede der Situationen ist eine potentielle Trinksituation. Alkohol kann hier schnell eine Funktion erhalten (als Tröster, Mutmacher oder Hilfsmittel), die ihm nicht gebührt. Alkohol ist kein Helfer, er kann nicht wirklich die Rolle eines wichtigen Mitmenschen übernehmen. Der Gestaltungswettbewerb mit der Verknüpfung von Titel „Voll – normal?“ und je spezifisch ausgewähltem Slogan soll die Zielgruppe darin unterstützen, in solchen Momenten inne zuhalten, nachzudenken und aufzupassen, dass sie sich unter Abwägen verschiedener Möglichkeiten für etwas entscheiden, das ihnen auf ihrem Lebensweg keine dauerhaften Nachteile einbringt. Ein anderes Wort für diese Fähigkeit ist Risikokompetenz. Nach den grundsätzlichen Überlegungen wurde der Gestaltungswettbewerb in seiner kreisbezogenen und nordhessenweiten Umsetzung auf einer Zeitschiene terminiert und in seinen Realisierungsschritten überwacht:

  • bis Dezember 2006: „Facts für die Beteiligung“ (Teilnehmer/innen-Information)
  • Januar 2007: Anschreiben an alle Schulen mit den entsprechenden Klassenstufen (Verteiler erstellen), den „Facts“ und Werbemittel (Plakate)
  • bis Juni 2007: Arbeitsphase der teilnehmenden Schüler/innen und Jugendlichen
  • Juni 2007: Jurysitzungen (Jury zusammenstellen; Entscheidungskriterien entwickeln; Sitzung moderieren; Raumreservierung etc.) auf der Ebene der nordhessischen Landkreise
  • September 2007: Preisverleihung auf Ebene der nordhessischen Landkreise und Städte (sh. exemplarisch die Detailplanung für den Schwalm-Eder-Kreis in der Anlage)
  • Oktober: Jurysitzung Nordhessen (siehe in der Anlage den kompletten Postkartensatz)
  • November: Preisverleihung Nordhessen im Rahmen einer Live-Sendung im JugendTV des Offenen Kanal Kassel (DVD und Detailplanung in der Anlage, sowie Preisträgerplakat)

Bewertung der Maßnahme

Bei den sich an dem Gestaltungswettbewerb beteiligenden Kooperationspartnern (Stadt Fulda; LK Fulda; LK Hersfeld-Rotenburg; LK Kassel; LK Schwalm-Eder; LK Waldeck-Frankenberg; LK Werra-Meißner) sind insgesamt 610 Beiträge eingereicht worden. Das ist eine erfreulich hohe Resonanz. Aber auch die Qualität der Arbeiten haben uns begeistert. Sie füllen den Raum zwischen alltäglichem Konsumverhalten in Bezug auf Alkohol und Risikobewusstsein. In diesem „Raum“ entsteht über die Selbstreflexion die Fähigkeit zur Risikokompetenz. Das war ein wesentliches Ziel des Gestaltungswettbewerbes und wir denken, es ist außerordentlich gut gelungen dieses einzulösen. Ein weiteres Teilziel bestand darin, mit diesem auch „massenmedial“ angelegten Projekt (ein Printmedium – Postkarten – wird erstellt) eine entsprechende „massenmediale“ Wirkung in der Öffentlichkeit zu erzielen. Das ist bereits jetzt (derzeit befinden sich die Postkarten im Druck) gelungen. Die Berichterstattung in der Presse war intensiv und der „Sprung“ ins lokale Fernsehen verlieh dem Wettbewerb eine eigene Qualität.

Ausblick

Die Maßnahmen „Flyer“ (Ordnungsämter) und „Fortbildungsmodul Alkoholprävention für die Jugendarbeit“ sind zeitlich nicht fixiert und auf dauerhafte Wirkung angelegt. Trotz der temporären Begrenztheit des Gestaltungswettbewerbes „Postkartenmotiv“ (auf die Dauer seiner Durchführung), ist es auch für dieses Projekt ein Anliegen Nachhaltigkeit zu erzeugen. Die Thematik Alkoholprävention soll in ihrer Bearbeitung durch die Beiträge zum Gestaltungswettbewerb und deren weitere „Verwertung“ „wach gehalten“ werden. Es ist geplant, die mit Preisen ausgezeichneten Postkartenmotive

  • für die Arbeit mit der Zielgruppe Schüler/innen und Jugendliche zu nutzen
  • in einer Wanderausstellung zusammen zu fassen und
  • Multiplikatoren (Bereich Schule und Jugendarbeit) zur Verfügung zu stellen.